Der Platz des werdenden Vaters

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Was bedeutet es für einen Mann, Vater zu werden? Durch die Veränderungen der Gesellschaft ist klar, dass werdende Väter das Elternwerden heute anders erleben als noch vor ein paar Jahrzehnten. So ist es heute beispielsweise normal, wenn der Vater bei der Geburt seines Kindes dabei ist, was vor Jahren noch schier unmöglich war. Es ist zwar normal und wird auch in medizinischer Hinsicht begrüsst, doch ist es noch lange nicht selbstverständlich.

Ein Mann erlebt die Geburt des erwarteten Babys physisch und psychisch nicht auf die gleiche Weise wie eine Frau. Es ist für den Mann nicht immer einfach, sich in der neuen Rolle als Vater zurecht zu finden und die entsprechende bzw. erwartete Beziehung zu seinem Kind aufzubauen, welche weit weniger körperlich und instinktiv ist als die zwischen Mutter und Baby.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die werdende Mutter den künftigen Vater des Kindes bereits während der Schwangerschaft in die neue emotionale Situation mit einbezieht. Seine Stellung in der Beziehung zum Kind fördert und unterstützt sie, um seine Rolle als Vater aufzuwerten. Dabei sollte die Balance der Beziehung in den Punkten Liebe und Sexualität überdacht bzw. besprochen und dem werdenden Vater genügend Zeit, sich in seine neue Vaterrolle hinein- und zurechtzufinden, gelassen werden. All diese Schritte sind unverzichtbar, um eine grundlegende Basis für die zukünftige Beziehung von Vater und Baby zu erschaffen.

VERÄNDERUNGEN IN DER SCHWANGERSCHAFT

  

In der Schwangerschaft wird an jedem neuen Tag die Präsenz des Kindes immer mehr zu einer Realität. Nicht nur psychisch lebt sich die zukünftige Mutter allmählich in die neue Rolle ein, stellt sich das Kind vor, schmiedet Pläne und denkt an die zukünftige Mutter-Kind-Beziehung. Vor allem physisch spürt eine Mutter die Veränderung in sich, wie sich ihr Baby entwickelt und bewegt. Sie hat neun Monate Zeit. um sich auf die zukünftige Rolle als Mutter vorzubereiten. Diese Entwicklung ist durch die typischen Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit, Müdigkeit, usw. auch körperlich präsent - wenn auch nicht immer auf eine angenehme Weise.

Für Männer stellt sich die Sache anders und wesentlich komplexer dar, denn der werdende Vater bleibt von dieser Entwicklung ausgeschlossen. Dabei spielt es kaum eine Rolle, wie sehr er sich in seiner neuen Position  für Mutter und Baby engagieren möchte. Er muss seine Fantasie nutzen, häufig mit der Partnerin kommunizieren, ihr dabei Fragen zur Schwangerschaft stellen und möglichst an den ärztlichen Untersuchungen sowie an Vorbereitungskursen teilnehmen, damit dieses noch unsichtbare und nicht greifbare Wunder der Natur auch für ihn eine Realität wird. Der Vater muss lernen. sich mit der Realität des Kindes auseinanderzusetzen und von Anfang an in die Beziehung mit dem Baby eingeschlossen werden.

Es ist dabei sehr wichtig, dass sich die Partnerin die Situation des werdenden Vaters immer vor Augen hält. Dies ist nicht immer einfach ist, denn vor allem beim ersten Kind ist auch die zukünftige Mutter von den Veränderungen überwältigt und ganz mit sich selbst und dem in ihr entstehenden Leben beschäftigt. Doch gerade in dieser Situation muss die Partnerin darauf achten, dass der werdende Vater von diesen neuen Erfahrungen nicht ausgeschlossen wird. Sie sollte mit ihm über die Erlebnisse und das Baby sprechen, vor allem auch bitten, bei den verschiedenen Untersuchungen anwesend zu sein.

VATER - EINE WICHTIGE ROLLE

Für ein ausgeglichenes Familienleben spielt der Vater eine andere und ebenfalls extrem wichtige Rolle und fördert damit die Ausgeglichenheit des Babys. Ein Kind wird zu zweit gezeugt - so sollte es auch mit der Erziehung sein. Der Vater darf nicht von der auf das Kind fokussierten Mutter ausgeschlossen werden. Ebenso wenig sollte sich der Vater passiv verhalten und sich selbst aus der Beziehung ausschliessen.

Die meisten Väter erkennen ihre neue Rolle erst als solche, wenn sie das Kind zum ersten Mal in den Armen halten. Dabei sind gerade für den werdenden Vater seine psychische Entwicklung und persönliche Einbringung vor der Geburt sehr wichtig. Ein Vater zeigt einige warnende Signale, wenn er seine schwangere Partnerin nicht zu den Untersuchungen begleitet, keinerlei Fragen zum Ablauf der Schwangerschaft stellt oder weiter so lebt, als würde keine lebensändernde Veränderung bevorstehen. Dieses Verhalten birgt Hinweise, die hinsichtlich der zukünftigen Beziehung zu seinem Kind beunruhigend sein können, selbst wenn sein Verhalten auf keinste Weise beabsichtigt ist.

Um solche Schwierigkeiten im Vorfeld aufzuspüren, ist es sinnvoll, spezielle Beratungsstunden oder Vorbereitungskurse für werdende Väter einzurichten. Es ist aber schon eine gute Sache, wenn die Väter bei den Geburtsvorbereitungsstunden der Mütter dabei sind, wenngleich die Teilnahme nicht darauf ausgerichtet ist, um auf die spezifischen Bedürfnisse der Väter einzugehen.

DIE ENTWICKLUNG DER BEZIEHUNG

Vater zu werden bedeutet auch, die Veränderung der Beziehung zur Partnerin zu akzeptieren. Dabei muss der künftige Vater das notwendige Verständnis dafür aufbringen, dass sich nicht nur der Status seiner Partnerin ändert, sondern auch er selbst.

Die Partnerin ist nun nicht mehr „nur“ seine Frau und Geliebte, sondern auch eine Mutter. Diese Veränderung anzuerkennen, fällt vielen Männern besonders schwer. Dabei ist diese Veränderung der frisch gebackenen Mutter unverzichtbar. Es handelt sich hier um eine neue Identität und Realität. Zwar besteht die besondere erotisierte Liebesbeziehung immer noch, aber von nun an mit der Frau, die Mutter geworden ist.

Aus Angst, durch dieses ganz besondere Ereignis traumatisiert zu werden, kann sich der Vater immer noch weigern, bei der Entbindung dabei zu sein. Doch die Veränderung der Realität ist da und sie muss in das neue Alltagsleben integriert und akzeptiert werden. Mit der Veränderung muss das Paar daran wachsen und vom Jugendstatus zum Erwachsenen- bzw. zum Elternstatus übergehen.

SEINEN PLATZ FINDEN

Die Frage zur Anwesenheit des Vaters bei der Entbindung ist nicht so einfach wie es zunächst scheint. Sicher ist die Anwesenheit des Vaters bei der Geburt für den Vater selbst, für seine Partnerin und für das Kind wünschenswert. Trotzdem sollte er nicht dazu gezwungen werden. Dabei dem Vater Schuldgefühle einzureden oder gar dazu zu zwingen, würde nicht nur zu nichts führen, sondern zusätzlich noch eine innere Blockade auslösen. Der Vater würde der Partnerin Ihre Unnachgiebigkeit übel nehmen und sich unwohl fühlen, was eine schlechte Ausgangslage für das neue Familienleben ist. Man muss unbedingt die Freiheit jedes Einzelnen respektieren, statt unter gesellschaftlichem Zwang zu argumentieren.

Die Entscheidung zur Anwesenheit sollte aus freiwilligen, überlegten, akzeptierten und gewünschten Motiven resultieren und muss im Rahmen des Entwicklungsprozesses, der persönlichen inneren Entwicklung und des Wachsens in die neue Vaterrolle geschehen. Diesen magischen Moment der Geburt gemeinsam zu erleben und das gemeinsame Kind gemeinsam zur Welt zu bringen, ist der einzige Grund, warum der Vater dabei sein sollte.

Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie sich aus welchen Gründen auch immer gegen die Anwesenheit bei der Geburt entscheiden. Das besondere Vatergefühl wird auch ohne dieses Erlebnis mit der Zeit entstehen. Damit sich der Vater in seiner neuen Rolle finden kann, sollte die Partnerin die nötige Unterstützung bieten, indem sie für Sie als Vater auch im Elternalltag einen festen Platz einräumt und Sie die Möglichkeit haben, sich um Ihr gemeinsames Kind zu kümmern. Die Partnerin sollte dabei auf keinen Fall Ihren Platz mit dem Vorwand verteidigen, dass Sie sich ungeschickt anstellen oder Sie mit einer vorwurfsvollen Unwissenheit konfrontieren. Schliesslich gibt es für Eltern keinen Führerschein oder eine mehrjährige Ausbildung; es muss jeder erst einmal lernen. mit einem kleinen Kind richtig umzugehen.

Sie sollten Ihre persönliche Auffassung von der Vaterrolle haben und diese klar mit Ihrer Partnerin absprechen. Gestehen Sie sich gegenseitig Ihre Vorstellungen der Elternrolle zu, auch wenn Sie nicht unbedingt 100 % den eigenen Kriterien entspricht. Ihr Baby wird es geniessen, von beiden Elternteilen geknuddelt, gefüttert oder gewickelt zu werden. Liebe und Zärtlichkeit sind das Wichtigste in einer gesunden Eltern-Kind-Beziehung!

 

Bildquelle: Unsplash / pixabay.com